Unter Kardieren versteht man das 'Bürsten' von einzelnen
Wollflocken in ein zusammenhängendes Vlies oder in einen
Kammzug.
Mit heutigen industriellen Kardiermaschinen erhält man
so innerhalb kürzester Zeit feine Vliese,
die sehr gleichmässig sind .
Es gibt kleine Handkardiermaschinen, auf denen man selbst
Vliese herstellen kann. Auf folgenden drei Bildern handelt
es sich um ein Modell Saco, Neuchâtel (Schweiz), um 1970.
Das ist doch ganz praktisch, weil man so Farben nach Lust
und Laune zusammenstellen kann, oder auch verschiedene
Fasern , selbst kleine Mengen , mischen kann.
Die Maschine wird mit einer Zwinge an einem Tisch oder
ähnliches, festgeklemmt. Mit der Stellschraube können
der Abstand der zwei Walzen eingestellt werden. Wenn
es sie einen grossen Kraftaufwand braucht, die Wolle
durch die Walzen zu drehen, ist der Abstand zu klein
und sie müssen die Schraube etwas gegen sich drehen.
Wir sollten keinen Anspruch auf die Industrielle Perfektion
erheben. Sie ist weder interessant noch kreativ.
Da das Schaf schären aber dem menschlichen
'Haareschneiden' entspricht, haben die Wollflocken
eine 'Richtung'. Wollflocken von ca.5cm Länge haben
verschiedene Farben gemäss ihrem Wachstum, etwa so
wie man an den Jahrringen eines Baumes ablesen kann,
wie die Witterung in einem bestimmten Jahr war.
Beim Industriellen Kardieren werden die Wollflocken
unabhängig ihrer Struktur in ein kompaktes
Vlies gebracht.
In Australien und in England wird die Wolle ungekardet
und zum Teil auch ungewaschen mit ihrem Fett versponnen.
Ich liebe es, wenn irgendmöglich, die Wolle direkt aus
der Flocke zu verspinnen.
Gerade bei ungefärbter Wolle kann man so die natürliche
Farbe zur Geltung bringen. Würde man diese Flocken
kardieren, würde man die helleren Farbunterschiede
verlieren und einfach eine Einheitsfarbe bekommen.
Die so gesponnenen Flocken liegen also alle in der
gleichen Richtung und erhalten dadurch einen wunderschönen
Glanz, der bei Industriegarnen verlorengegangen ist.
Würden diese Flocken kardiert, würde man als Farbton
ein etwa mittleres Grau erhalten. So sieht das graue
Garn aus den Flocken gesponnen aus.
Fasermischungen
Es ist immer wieder spannend und interessant, verschiedenes
Material miteinander zu färben und zusammen zu kardieren.
Nach dem Ostereierfärben mit einem Farbbad aus Zwiebeln
am Gründonnersteg war mir der Sud dann doch zu schade,
einfach wegzuschütten. Schliesslich waren alle
Zwiebelhüllen die wir seit Weihnachten gegessen haben,
in diesem Bad. Bild Eins zeigt die
verschiedenen Fasern, das ganze in zwei Farbzügen
im gleichen Bad. Da sind also Alpacca, Lama, Kaschmir
und Seide
Auf Bild zwei sieht man, wie die Fasern von Hand auf
die Trommel verteilt und gebürstet werden
Spinnen mit dem Flügelspinnrad
Das Spinnrad
Nebst antiken Flachs- und Wollspinnräder gibt es heutzutage
eine grosse Auswahl von modernen Rädern, die alle gut
funktionieren.
Diese Räder werden mit dem Fuss angetrieben, so dass man
beide Hände frei für das Spinnen hat.
Ein solches Rad ist ein absolutes Präzisionswerkzeug und
bedurfte einer langen Entwicklung über Jahrhunderte.
Leonardo da Vinci hat Zeichnungen angefertigt, die das
automatische Aufwickeln auf einer Spule beschreiben.
Der wesentlichste Unterschied in der Bauart liegt in der
liegenden oder im stehenden Modell.
Es gibt viele verschiedene Marken moderner Räder, die für
Einsteiger / innen geeignet sind. Es gibt auch einen
grossen Occasionsmarkt, wo man mit etwa 1/4 – 1/3 des
Neupreises rechnen sollte. Hat man dann einige Erfahrung
im Umgang mit Spinnen, Fasermaterial und Einstellen der
Flügelbremse gesammelt, ist es früh genug, sich mit dem
Kauf eines ''Wunschrades'' auseinanderzusetzen.
Der Flügel
Um die Spule wird ein Einzugsfaden angebracht, der auf der
Spule bleibt, also angeknotet ist. Der Faden sollte eine
mittlere Dicke haben und wenn möglich 2-fädig sein.
Wir ziehen diesen Faden von der Spule zu den Häckchen am
Flügel und ins Einzugloch des Flügels.
Der Flügel selbst ist an einer Halterung mit dem Rad
verbunden. An dieser Halterung befindet sich der zweite
Teil des Einzuglochs.
Ser Faden wird also auch durch dieses Loch gezogen.
Die Bremse
Jetzt wird die Bremse eingestellt. Ein Nylonfaden oder ein
Lederriemen werden mit einer Holz- oder Metallschraube so
angezogen, dass sich die Spule leicht dreht, wenn man mit
der Hand den Einzugsfaden spannt und mit dem Pedal
gleichzeitig einige Umdrehungen tritt.
Diese Schraube muss öfters nachgestellt werden, weil die
Spule mit viel gesponnenem Faden schwerer wird.
Ist die Bremse zu streng, wird der Faden zu schnell in
das Einzugsloch gezogen, und wird somit hart und knotig
und bricht gerne.
Ist die Bremse nicht genug eingestellt, wird der
Faden nicht richtig eingezogen.
Spinnen
Nun nimmt man einige Flocken Wolle oder ein Stück kardiertes
Vlies, und zieht dieses leicht auseinander, damit die
Fasern schön locker sind.
Danach fängt man mit dem Pedal an zu treten und hält
gleichzeitig den Einzugsfaden in einer Hand.
Man hält ein bisschen Fasern an den Einzugsfaden, der sich
zu drehen beginnt.
Nun kann man die Fasern nachrutschen lassen. Die
Kombination von Drall und Einzugsstärke spinnt nun einen
Faden. Je weniger Fasermaterial auf einmal gesponnen wird,
desto feiner wird der Faden.
Man fährt so weiter, bis die Spule voll ist.
Entweder spult man die volle Spule jetzt auf einem Haspel
zu einem Strang (einfädiges Garn ) , oder man fertigt eine
zweite Spule an, und verzwirnt diese beiden vollen Spulen
auf einer anderen Spule zu einem zweifädigen Garn.
Zwirnen
Unter Zwirnen versteht man zwei oder mehr zusammengedrehte
Garne. Man erreicht so eine grössere Reisskraft und ein
gleichmässigeres Bild, z.B. Bei Webketten aus Wolle.
Ein Einfachgarn hat eine Richtung, entsprechend der
Richtung des Rades während dem Spinnen. Man spricht
von S- oder Z Richtung.
Spinnt man nun mehrere dünne Garne zusammen, werden sie
entgegen der Richtung gezwirnt, wie sie als Einzelgarne
gesponnen wurden.
Verzwirntes Garn entspannt sich , und die Schlingenbildung
wird reduziert.
Die Zwirndrehung entspricht der Einfachgarn-Drehung,so
dass die Fasern wieder parallel liegen.
Ob man verzwirnt oder nicht, hängt davon ab, was man mit
dem Garn machen möchte.
Dickes oder dünnes Garn ?
Strickmaschine ?
Ich selbst verzwirne nur für Webketten.
Bei Garn für die Strickmaschine kann man, wenn nötig oder
erwünscht, ein feines Beilaufgarn im selben Farbton
mitlaufenlassen, damit, sollte der Handgesponnene Faden
einmal reissen, nicht alle Maschen herunterfallen.
Nicht verzwirntes Garn ist energetisch. Wie oben
erwähnt, hat verzwirntes Garn eine S- oder Z- Richtung. Verstrickt man
ungezwirntes Garn, wird sich das ganze Bild unweigerlich
nach links oder rechts drehen.
Damit kann man spielen.
Schwarze Suri-Alpaka mit Seidengarn, Gekardet
Artyarn
Das Bild ganz oben zeigt vermischte Fäden ungekardet
versponnen. Gewebt oder Handgestrickt sieht das toll aus.
Es gibt soviele Möglichkeiten, Art-yarn herzustellen, wie
man Ideen hat.
Man kann z.B auch 'Recycling – Garn' selber spinnen.
Man sammelt alle Fäden, die man vom Vernähen, oder die
Restketten vom Webstuhl, die zu kurz geworden sind. Wenn
man eine gewisse Menge davon hat, mischt man das ganze
nach Lust und Laune, in dick oder dünn, nach Farben,
Qualität, u.s.w.
Das ganze kann jetzt entweder gekardet werden mit Rohwolle
vermischt, oder aber direkt aus dem Stapel versponnen
werden.
Anleitung
Schritt für Schritt :
Materialien wie Restkettfäden, gewobene
Industrieplastiksäcke, Schnüre u.s.w
Die Fasern können wild gemischt werden oder nach Farbe
sortiert, oder aber auch eingefärbt werden .
Auf dem Foto sieht man Rayon – Fasern ( Dicke +/- 1/120 ),
mit Seidenstofffarbe eingefärbt.
Die Fasern werden in etwa 15 – 20 cm lange Stücke
geschnitten.
Sie können jetzt entweder zuerst kardiert werden oder aber
direkt aus dem Stapel gesponnen werden. Man nimmt sich immer
einige Fäden zusammen und verspinnt sie.
Das sieht etwa so aus:
Wechseln sie die Spule am Spinnrad
Jetzt wird das Garn, das man eben hergestellt hat, mit
andersfarbigem Garn verzwirnt.
Man nimmt also ein anderes Faservlies, mit andersfarbigem
Material.
Jetzt wird das erste Garn an die neue Spule geknotet , und
nicht vergessen, das Spinnrad in
die andere Richtung laufen zu lassen, damit sich die
Spannung ausgleichen kann.
Die Fasern des zweiten Vlies werden jetzt über das Garn
gesponnen, das wir vorher angefertigt haben.
Dabei kann man die Fasern z.B. auch vor- und zurücklaufen
lassen, und einige dünne Fäden von einer Spule mitlaufen
lassen, um die wir uns gar nicht kümmern, da sie beim
Einzugsloch von selbst um das Garn gewickelt werden.
Sie können diese Garne von der Spule direkt mit dem
Wollwickler abnehmen.
Man kann auch mit einem Häckchen kleine Perlen auf einen
dünnen Faden aufziehen, diesen
mitlaufen lassen , und dabei ab und zu eine Perle mit
einspinnen.
Die Grösse der Perlen hängt vom Einzugsloch des Spinnrads
ab. Man kann auch einzelne Flocken mit einer Perle
bestücken und diese zwischen zwei dünnen Beilauffäden lose
spinnen ....
Diese Effektgarne sind handgestrickt oder verwoben sehr hübsch.